Wehrpflicht & Wehrdienst: Das musst du jetzt wissen!

Am 27. August 2025 hat sich die Bundesregierung auf ein neues Wehrdienstgesetz geeinigt, das im Herbst im Bundestag vorgestellt und diskutiert wurde. Im November kam es zu einer grundsätzlichen Einigung – das Gesetz soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten.
Wichtig: Der Bundestag muss Anfang Dezember final über den Gesetzesentwurf entscheiden. Anschließend muss es noch durch den Bundesrat. Es ist also noch kein beschlossenes Gesetz!
Hier bekommst du einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen und eine Einordnung, was das für dich genau bedeutet – neutral, klar und verständlich!
Kurz & knapp: Aktuelle News
- Wehrpflicht bleibt (vorerst) ausgesetzt.
- Wehrerfassung ab 2026: Online-Fragebogen (verpflichtend für Männer, freiwillig für Frauen).
- Musterung ab Juli 2027: ärztliche Untersuchung (für alle 18-jährigen Männer ab Jahrgang 2008).
- Zielstärke Bundeswehr bis 2035: 460.000 Soldatinnen und Soldaten (inklusive 200.000 Reservistinnen und Reservisten)
Quelle: Bundesministerium der Verteidigung „Alles Wichtige rund um den neuen Wehrdienst" (13.11.2025)
Wie ist der aktuelle Stand zur Wehrpflicht in Deutschland?
Seit 2011 gibt es in Deutschland keine Wehrpflicht mehr. Sie wurde allerdings nicht abgeschafft, sondern nur „ausgesetzt“, also pausiert. Das bedeutet: die rechtliche Grundlage steht weiterhin im Grundgesetz (Artikel 12a). Der Bundestag kann die Wehrpflicht wieder einführen.
Mit dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung kam Bewegung in die Sache.
Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert. […] Wir werden noch in diesem Jahr die Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung schaffen.
Koalitionsvertrag , Zeile 4149 + 4153–4154 (Mai 2025)
Das alte Wehrpflichtgesetz (WPflG) von 2011 kann allerdings nicht einfach wieder „aktiviert“ werden. Es muss an die aktuellen Entwicklungen und Gegebenheiten angepasst werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat deshalb einen neuen Gesetzesentwurf erarbeitet, über den am 27. August 2025 diskutiert wurde.
Update November 2025: Die Bundesregierung hat sich mit der Opposition auf das neue Wehrdienstgesetz geeinigt. Es bleibt bei Freiwilligkeit, aber die Wehrerfassung und die Musterung werden wieder eingeführt.
Wichtig: Bisher ist es (nur) eine Einigung und (noch) kein offizielles Gesetz! Der Bundestag soll das Gesetz im Dezember endgültig verabschieden. Inkrafttreten soll es dann ab 1. Januar 2026.
Worum geht es im neuen Wehrdienstgesetz?
Mit dem neuen Wehrdienstgesetz will die Bundesregierung die Bundeswehr langfristig stärken. Dafür soll der Dienst attraktiver werden – zum Beispiel durch bessere Bezahlung, zusätzliche Qualifikationen und klare Karriereperspektiven.
Ziel ist es, dass sich mehr junge Menschen freiwillig melden. Die Anzahl der Reservekräfte muss ausgebaut werden, um für den Fall der Fälle schnell gerüstet zu sein.
Die Grundlage des Wehrdienstgesetzes ist das sogenannte schwedische Modell, das eingeführt werden soll.
Was ist das schwedische Modell?
Das „schwedische Modell“ ist ein 2-Stufen-Plan und eine Mischung aus Freiwilligkeit und Pflicht. Grundsätzlich sollen sich junge Menschen freiwillig für den Wehrdienst melden – gleichzeitig hält sich der Staat aber die Möglichkeit offen, einen verpflichtenden Wehrdienst einzuführen, wenn nicht genug Freiwillige da sind. Es handelt sich um eine sogenannte Bedarfswehrpflicht.
- Freiwilliger Wehrdienst (Stufe 1): Wer will, kann und soll Wehrdienst machen.
- Wehrpflicht (Stufe 2): Reichen die Freiwilligen nicht, kann auf einen verpflichtenden Wehrdienst umgestellt werden.
Fazit: Zunächst bleibt der Wehrdienst freiwillig. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius ist zuversichtlich, dass sich genügend Freiwillige melden, um das ambitionierte Ziele der Bundesregierung bis 2035 zu erreichen. Die Bundeswehr soll dann auf 460.000 Soldatinnen und Soldaten anwachsen.
- 260.000 Aktive Soldatinnen und Soldaten (aktuell 180.000)
- 200.000 Reservistinnen und Reservisten (aktuell 100.000)
Neben den Zielen bis 2035 hat sich die Bundesregierung auf einen „Korridor für die Aufwuchszahlen" geeinigt – sozusagen halbjährliche Etappenziele, wie „groß" die Bundeswehr zu welchem Zeitpunkt sein soll. Das Verteidigungsministerium muss dem Bundestag alle sechs Monate darüber berichten, ob die angestrebten Werte erreicht werden.
Was passiert, wenn sich nicht genug Freiwillige melden?
Wichtig: Es gibt keinen Automatismus zur Aktivierung der Wehrpflicht! Aber: Die Bundesregierung hat sich auf einen Aufwuchspfad geeinigt. Der legt fest, wie stark die Bundeswehr Jahr für Jahr wachsen muss, um die Ziele bis 2035 zu erreichen. Sollten die angestrebten Zahlen dauerhaft unterschritten werden, kann der Bundestag über eine Rückkehr zur Wehrpflicht abstimmen – eine einfache Mehrheit reicht dafür aus.
Bei einer Wiedereinführung der Wehrpflicht muss außerdem entschieden werden, wer bzw. wie eingezogen wird. Aktuell wird über ein Zufallsverfahren, zum Beispiel durch Losentscheid diskutiert. Darüber wird aber erst entschieden, wenn der Fall eintritt, dass die Wehrpflicht tatsächlich wieder eingeführt werden muss.
Was bedeutet das neue Wehrdienstgesetz für mich konkret?
Ob dich das neue Wehrdienstgesetz betrifft, hängt von deinem Geburtsjahr ab: Wenn du 2008 oder später geboren bist, kommst du automatisch in das neue System zur Wehrerfassung. Dann kommen folgende Punkte auf dich zu:
- Wehrerfassung (ab 2026): Zum 18. Geburtstag bekommst du Post von der Bundeswehr und musst einen Online-Fragebogen ausfüllen. Als Mann bist du verpflichtet, den Fragebogen auszufüllen. Als Frau kannst du es freiwillig machen.
- Musterung: Ab 1. Juli 2027 ist zusätzlich eine Musterung vorgesehen.
Bist du jünger, verschiebt sich alles nach hinten. Der Jahrgang 2009 bekommt den Fragebogen dann 2027 und muss 2028 zur Musterung.
Wichtig: Der Wehrdienst bleibt vorerst freiwillig. Abgesehen vom Fragebogen und der Musterung kommen erstmal keine Verpflichtungen auf dich zu.
Wie läuft die (neue) Wehrerfassung ab?
2026 soll in Deutschland die Wehrerfassung starten. Das bedeutet: Jeder bekommt zu seinem 18. Geburtstag einen Brief von der Bundeswehr. Neben Informationsmaterial enthält dieser einen QR-Code, der zu einem Online-Fragebogen führt. Männer sind verpflichtet, den Fragebogen auszufüllen, Frauen können es freiwillig tun.
Im Fragebogen geht es um persönliche Angaben, die Eignung für den Wehrdienst und das Interesse am Wehrdienst (Bereitschaftserklärung).
Typische Punkte sind zum Beispiel:
- persönliche Daten
- Bildungsabschlüsse
- Motivation und Interesse am Wehrdienst
- körperliche Angaben wie Größe, Gewicht und Fitness
- weitere Qualifikationen, z. B. Führerschein oder Fremdsprachen
Wichtig: Die Wehrerfassung ist keine Verpflichtung zum Wehrdienst! Es geht darum, Informationen über alle „wehrfähigen Bürger“ zu sammeln und abzuklären, ob potenziell Interesse an einem freiwilligen Wehrdienst besteht.
Wenn du kein Interesse an der Bundeswehr hast, kannst du das direkt im Fragebogen angeben. Dann ist das Thema für dich erstmal erledigt. Hast du Interesse, wirst du zu einem Assessment-Center eingeladen, bei dem geprüft wird, ob du für einen freiwilligen Wehrdienst in Frage kommst.
Übrigens: Wenn du dich dafür interessierst, wie der Beruf als Soldatin oder Soldat aussieht, findest du bei uns einen ausführlichen Überblick – von den Voraussetzungen über die Bezahlung bis zu den Karrierewegen.
Was bringt die Wehrerfassung?
Die neue Wehrerfassung soll dem Staat einen Überblick verschaffen – eine Art Adress- und Tauglichkeitsliste. Verteidigungsminister Boris Pistorius spricht von einem „vollständigen Lagebild über die jeweiligen Jahrgänge".
Klartext: Die Bundeswehr weiß dann, wer grundsätzlich geeignet wäre, wenn sich irgendwann zu wenige Freiwillige melden und über eine Pflicht nachgedacht wird.
Gleichzeitig hat der Fragebogen auch eine Signalwirkung: Junge Menschen sollen sich automatisch mit dem Thema Wehrdienst auseinandersetzen. Die Bundesregierung hofft, dass sich dadurch mehr Freiwillige melden – und die Bundeswehr langfristig wieder genug Personal bekommt.
Musterung ab 2027
Ab 1. Juli 2027 ist in Deutschland (wieder) eine flächendeckende Musterung geplant. Damit ist eine ärztliche Untersuchung gemeint, bei der geschaut wird, ob jemand gesundheitlich und körperlich für den Wehrdienst geeignet ist.
Durch die Verpflichtung zur Musterung braucht die Bundeswehr mehr Kapazitäten, weshalb in den nächsten Jahren neue Musterungszentren gebaut werden müssen. Später sollen dann bis zu 300.000 Männer pro Jahr gemustert werden.
Wer muss zur Musterung?
Geplant ist, dass alle Männer im Jahr ihres 18. Geburtstags verpflichtend zur Musterung müssen. Frauen können freiwillig teilnehmen.
Was wird bei der Musterung geprüft?
Bei einer Musterung geht es in erster Linie um deine körperliche und gesundheitliche Verfassung sowie die intellektuelle Eignung für den Wehrdienst.
Dabei wird unter anderem Folgendes gecheckt:
- allgemeiner Gesundheitscheck (Blutdruck, Herz, Lunge)
- Messung von Größe, Gewicht und Fitness
- Fragen zu Vorerkrankungen oder Medikamenten
- manchmal auch einfache Belastungstests (z. B. Ausdauer oder Kraft)
Wie geht es nach der Musterung weiter?
Das Ergebnis der Musterung wird in sogenannte Tauglichkeitsstufen eingeteilt – von „voll tauglich“ bis „nicht tauglich“. Erst wenn später tatsächlich eine Pflicht eingeführt werden sollte, würde dieses Ergebnis darüber entscheiden, ob du eingezogen wirst oder nicht.
Ganz egal wie das Ergebnis deiner Musterung lautet und ob jemals eine Wehrpflicht eingeführt wird: Du hast immer das Recht, den Wehrdienst zu verweigern.
Kann ich den Wehrdienst verweigern?
Ja! In Deutschland gilt ein Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung - das ist im Grundgesetz festgehalten. Das heißt: Du kannst den Kriegsdienst verweigern.
Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.
Grundgesetz, Artikel 4, Absatz 3
Wichtig: Das Thema wird erst relevant, wenn die Wehrpflicht tatsächlich wieder eingeführt werden sollte. Dann kannst du offiziell erklären, dass du den „Dienst an der Waffe“ verweigerst.
Was passiert, wenn ich den Wehrdienst verweigere?
Bis 2011 gab es für Kriegsdienstverweigerer den Zivildienst als Ersatz. Wie das in Zukunft bei einer Wiedereinführung der Wehrpflicht geregelt werden soll, ist aktuell unklar. Eine Idee ist die Schaffung eines neuen Pflicht-Ersatzdienstes.
Klar ist: Dein Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist verfassungsrechtlich garantiert – egal, wie ein möglicher Ersatzdienst in Zukunft geregelt wird.
Was bedeutet der Wehrdienst für Ausbildung oder Studium?
Solange der Wehrdienst freiwillig bleibt, kannst du selbst entscheiden, ob und wann du ihn machst. Das heißt: Du kannst den Dienst zwischen Schule und Ausbildung oder Studium einplanen – oder ihn ganz weglassen, wenn du nicht möchtest.
Spannend wird es nur, falls in Zukunft tatsächlich die Wehrpflicht kommen würde. Das hat dann Auswirkungen auf Ausbildung und Studium. Früher mussten Ausbildungs- und Studienplätze freigehalten werden. Wie das in Zukunft geregelt werden könnte, ist offen. Klar ist nur, dass es neue Regeln geben muss.
Fazit: Stand heute hat das neue Wehrdienstgesetz keine Auswirkungen auf deine Ausbildung, dein Studium und dein Berufsleben.
Wie geht es jetzt weiter?
- Dezember 2025: Der Bundestag stimmt final über das Gesetz ab. Anschließend muss das Gesetz noch durch den Bundesrat.
- 1. Januar 2026: Das Gesetz soll inkrafttreten.
FAQ
Wann wurde die Wehrpflicht abgeschafft?
Die Wehrpflicht wurde nicht abgeschafft, sondern 2011 „ausgesetzt“.
Kann die Wehrpflicht einfach so wieder eingeführt werden?
Das sogenannte Wehrpflichtgesetz (WPflG) wurde 2011 „nur" ausgesetzt. Es ist weiterhin im Grundgesetz verankert (Artikel 12a), wodurch die Wehrpflicht jederzeit wieder „aktiviert“ werden kann. Dafür reicht eine einfache Mehrheit im Bundestag aus. Das WPflG muss allerdings an die aktuellen Entwicklungen angepasst und modernisiert werden.
Warum gibt es keine Wehrpflicht für Frauen?
Im Grundgesetz bezieht sich die Wehrpflicht ausschließlich auf Männer (Art. 12a GG). Um diese auf Frauen auszuweiten, muss das Grundgesetz geändert werden. Das ist gar nicht so einfach, denn dafür ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat erforderlich.
Was ist der Unterschied zwischen Wehrpflichtgesetz und Wehrdienstgesetz?
Das Wehrpflichtgesetz (WPflG) gibt es seit vielen Jahrzehnten und es regelt die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland. Das sogenannte neue Wehrdienstgesetz ist kein komplett eigenes Gesetz, sondern eine Modernisierung und Erweiterung des alten Wehrpflichtgesetzes. Damit sollen neue Regelungen wie die Wehrerfassung ab 2026 oder die geplante Musterung ab 2027 rechtlich abgesichert werden.
Kurz gesagt: Das Wehrpflichtgesetz bleibt die Grundlage. Mit dem neuen Wehrdienstgesetz wird es angepasst und an die aktuellen Pläne der Bundesregierung angepasst.
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