zur Übersicht
#Berufsorientierung
11.12.2025

Mit einer Zweitausbildung neu anfangen: Voraussetzungen, Förderung & Tipps

Eine Zweitausbildung eröffnet neue Wege – aber oft auch viele Fragen. Wir zeigen dir, welche Voraussetzungen gelten, wie du Förderung bekommst und welche finanziellen Vorteile du nutzen kannst.

Zweitausbildung Umfrage-Ergebnisse

Man lernt einen Beruf und merkt dann: Auf Dauer kann ich mir nicht vorstellen in diesem Beruf zu arbeiten. Ist ja auch kein Wunder, wie soll man in so jungen Jahren schon entscheiden, als was man die nächsten 45 Jahre (oder sogar mehr) arbeitet. Deswegen denken viele über eine Neuorientierung nach und fangen noch mal von vorne an. Wir haben euch gefragt: 41 Prozent von euch haben tatsächlich eine zweite Ausbildung gemacht. 59 Prozent denken zumindest darüber nach. Aber: So einfach ist das nicht, denn es bleiben noch viele Fragen offen, vor allem die nach der Finanzierung. Wir haben alle Fragen beantwortet!

Was gilt als Zweitausbildung?

Eine Zweitausbildung ist eine zweite vollständige berufliche Ausbildung oder ein Studium, die du erst nach der erfolgreichen Beendigung einer ersten Ausbildung oder eines Studiums beginnst. Anders gesagt: Du hast schon eine qualifizierende Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen und willst nun noch einmal einen neuen Berufsabschluss machen.

Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen

  • Eine Erstausbildung ist deine allererste berufliche Ausbildung oder dein erstes Studium – also bevor du je einen Abschluss hattest.
  • Eine Weiterbildung oder ein Kurs erweitert deine Kenntnisse in einem bestehenden Berufsfeld – das ist nicht gleichzusetzen mit einer Zweitausbildung.
  • Eine Umschulung dient oft dem Wechsel in einen anderen Beruf, meist mit Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) – sie ist häufig kürzer und anders gefördert als eine klassische Zweitausbildung.

Beispiele für eine Zweitausbildung

  • Eine medizinische Fachangestellte, die nach ein paar Jahren Berufserfahrung eine zweite Ausbildung zur Ergotherapeutin beginnt
  • Ein Bäcker, der sich mit Mitte 30 für eine neue Lehre als IT-Systemelektroniker entscheidet
  • Eine Person, die nach einem abgeschlossenen BWL-Studium eine duale Ausbildung im Steuerfach startet
  • Ein ausgebildeter Erzieher, der ein weiteres Studium in Sozialpädagogik beginnt

Voraussetzungen & rechtliche Einordnung

Wer darf eine Zweitausbildung machen?

Grundsätzlich kann jede Person eine Zweitausbildung machen. Es gilt aber nur als Zweitausbildung, wenn du bereits eine abgeschlossene, vollqualifizierende Erstausbildung oder ein Studium absolviert hast.

Das kann z. B. sein:

  • eine klassische duale Ausbildung im Betrieb,
  • eine schulische Ausbildung, z. B. zur Erzieherin oder zum PTA,
  • oder ein Studium mit Bachelor- oder Masterabschluss.

Wichtig: Kurse, Praktika oder Teilqualifikationen gelten nicht als vollwertige Erstausbildung.

Kann man die Zweitausbildung verkürzen?

Ja, das ist in vielen Fällen möglich – vor allem, wenn du in einem ähnlichen Berufsfeld bleibst. Wer zum Beispiel eine Ausbildung als Bürokaufmann abgeschlossen hat und später eine Ausbildung im Bereich E-Commerce macht, kann sich Teile der Vorbildung anrechnen lassen.

Ob und wie viel angerechnet wird, entscheiden die zuständigen Stellen:

  • bei dualen Ausbildungen meist die IHK oder HWK,
  • bei schulischen Ausbildungen die Schulbehörde oder die Fachschule.

In der Praxis heißt das: Deine Ausbildung kann um bis zu 12 Monate verkürzt werden – bei passenden Vorkenntnissen sogar mehr. Wichtig ist, dass du die Verkürzung rechtzeitig beantragst.

Wird eine Zweitausbildung bezahlt?

Ob du während der Zweitausbildung vergütet wirst, hängt vom Ausbildungsmodell ab: Bei dualen Ausbildungen bekommst du in der Regel eine monatliche Vergütung. Bei schulischen Ausbildungen ist das meist nicht der Fall – hier kannst du andere Unterstützungen bekommen wie BAföG, einen Bildungskredit oder Wohngeld.

Gibt es Altersgrenzen für eine Zweitausbildung?

Nein, es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Altersgrenze. Du kannst auch mit 30, 40 oder 50 Jahren noch eine Zweitausbildung beginnen. Allerdings solltest du Folgendes beachten:

  • Bestimmte Förderungen wie Kindergeld sind altersabhängig geregelt.
  • In bestimmten Berufen (z. B. Polizei, Zoll, Bundeswehr) gibt es interne Altersgrenzen.

Für die meisten Ausbildungsberufe gilt aber: Wenn du motiviert bist und einen Ausbildungsbetrieb findest, steht dir der Neustart offen – unabhängig vom Alter.

Förderung & Finanzierung der Zweitausbildung

Wer sich für eine Zweitausbildung entscheidet, steht oft vor der Frage: Wie finanziere ich sie? Denn im Vergleich zur Erstausbildung gibt es häufig andere Bedingungen bei den Unterstützungsmöglichkeiten

BAföG bei einer Zweitausbildung: Wann ist es möglich?

BAföG gibt es nur für schulische Ausbildungen und nicht für duale Ausbildungen, da diese als betriebliche Ausbildungen gelten und vergütet werden. Zudem gelten für die Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für Zweitausbildungen besondere Regeln. Das heißt: Nicht für jede (schulische) Zweitausbildung gibt es Förderung in Form von BAföG, hierfür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. 

Die genauen Voraussetzungen stehen im Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesbildungsförderungsgesetz – BAföG) im Paragraph 7. Damit du dich nicht durch den Gesetzestext wühlen musst, übersetzen wir das verständlich für dich! 

Du bekommst BAföG bei einer zweiten schulischen Ausbildung, wenn:

  • die Zweitausbildung deine bisherige Ausbildung „insoweit ergänzt, als dies für die Aufnahme des angestrebten Berufs erforderlich ist“.

Heißt konkret: Wenn deine zweite Ausbildung notwendig ist, um den Beruf überhaupt auszuüben. Richter oder Lehrer kann man zum Beispiel nur mit einem Masterstudium werden.

  • „im Zusammenhang mit der vorhergehenden Ausbildung der Zugang zu ihr eröffnet worden ist, sie in sich selbständig ist und in derselben Richtung fachlich weiterführt“.

Heißt konkret: Du bekommst BAföG, wenn: deine neue Ausbildung auf der vorherigen aufbaut, eigenständig ist (nicht bloß ein Modul) und im selben Fachgebiet bleibt.

  • du „eine Fachoberschulklasse, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, eine Abendhauptschule, eine Berufsaufbauschule, eine Abendrealschule, ein Abendgymnasium oder ein Kolleg“ besuchst.

Heißt konkret: Förderung gibt es, wenn du eine Schule des Zweiten Bildungswegs besuchst, für die man eine abgeschlossene Berufsausbildung braucht. 

  • du „eine zumindest dreijährige Ausbildung an einer Berufsfachschule oder in einer Fachschulklasse, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt“ abgeschlossen hast.

Heißt konkret: Wenn deine erste Ausbildung eine rein schulische Ausbildung war, für die du keinen Berufsabschluss als Voraussetzung brauchst, zum Beispiel die Erzieher-Ausbildung. 

  • „die besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere das angestrebte Ausbildungsziel dies erfordern“.

Heißt konkret: Hier geht es um Einzelfallentscheidungen, das kann zum Beispiel sein, wenn du deinen erlernten Beruf durch Krankheit nicht mehr ausüben kannst.

Elternunabhängiges BAföG bei Zweitausbildung

Unter bestimmten Voraussetzungen, kannst du elternunabhängiges BAföG bekommen. Aber: Auch das gilt nur für schulische Ausbildungen und auch nur, wenn du z. B. bereits einige Jahre gearbeitet hast, nicht mehr bei deinen Eltern wohnst, oder eine schulische Ausbildung nach dem 30. Lebensjahr beginnst. (Quelle: Merkblatt Elternunabhängige Förderung)

Bekommt man Wohngeld, wenn man eine zweite duale Ausbildung macht?

Für duale Ausbildungen gibt es kein Schüler-BAföG und leider auch keine Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) mehr. Dafür kannst du aber Wohngeld beantragen. Das bekommst du, wenn du eine eigene Wohnung hast und dein Einkommen unter einer bestimmten Grenze liegt. Wie hoch die Einkommensgrenze ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel in welcher Gegend du wohnst, wie viele Leute im Haushalt wohnen und welcher Mietstufe deines Wohnortes du zugeordnet bist. Der Wohngeld-Rechner hilft dir dabei rauszufinden, ob du berechtigt bist, Wohngeld zu bekommen.

Bekommt man Kindergeld während einer Zweitausbildung?

Grundsätzlich bekommt man Kindergeld nur während der Erstausbildung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann man es auch noch während der Zweitausbildung bekommen, allerdings gilt das eher für ein Studium. Denn: Kindergeld bekommt man nur, wenn man nicht mehr als 20 Stunden die Woche arbeitet. Und auch dann nur bis zum 25. Lebensjahr. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit - Kindergeld).

Weitere Finanzierungsmöglichkeiten

Bildungskredit

Wenn BAföG nicht greifen oder nicht ausreichen, ist der Bildungskredit eine gute Ergänzungsoption. Bedenke aber: Es bleibt ein Darlehen, das zurückgezahlt werden muss. Außerdem gelten hierfür auch bestimmte Voraussetzungen. 

Du musst z. B. mindestens 18 Jahre alt und maximal 36 Jahre alt sein, dich in einer fortgeschrittenen Phase deiner Ausbildung befinden bzw. die Zwischenprüfung bestanden haben, wenn du studierst und den Kredit innerhalb von vier Jahren zurückzahlen: „Berechtigt sind volljährige Schüler/innen, die bereits über einen berufsqualifizierenden Abschluss verfügen oder diesen mit dem Abschluss ihrer gegenwärtigen schulischen Ausbildung erlangen werden, im vorletzten und letzten Jahr dieser Ausbildung“. (Quelle: Bildunsgkredit-Merkblatt, bafoeg.de)

Unterstützung durch die Arbeitsagentur

Wenn du schon berufstätig warst oder dich umorientieren willst, kann die Bundesagentur für Arbeit bzw. das Jobcenter aktiv unterstützen, zum Beispiel mit Ausbildungsgutscheinen oder Förderprogrammen.

Arbeitgeberförderung

Nicht selten finanzieren Arbeitgeber ganz oder teilweise eine Zweitausbildung – insbesondere wenn der Wechsel in einen neuen Bereich geplant ist, der dem Unternehmen nutzt. 

Beispielhafte Fälle:

  • Ein Mitarbeiter im Vertrieb macht eine zweite Ausbildung im IT‑Bereich – das Unternehmen übernimmt Schul- und Prüfungsgebühren.
  • Ein öffentlicher Arbeitgeber bietet internen Wechsel mit Förderung zur zweiten Ausbildung in Verwaltungsberufen.

Steuer: Kosten der Zweitausbildung absetzen?

Wenn du eine Zweitausbildung machst, kann sich das auch steuerlich lohnen. Denn im Gegensatz zur Erstausbildung kann man bei einer Zweitausbildung die Kosten als Werbungskosten absetzen. 

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Wenn du erstmalig eine Ausbildung oder ein Studium machst (also deine Erstausbildung), gelten die Kosten meist als Sonderausgaben. Das heißt: Sie sind begrenzt absetzbar.
  • Bei einer Zweitausbildung gilt: Die Kosten können in vielen Fällen als Werbungskosten abgesetzt werden. Das heißt: Sie sind unbegrenzt absetzbar.
  • Wichtig: Damit Werbungskosten gelten, muss bereits eine qualifizierende Ausbildung abgeschlossen sein. (Quelle: Bundesministerium für Finanzen, Amtliches Lohnsteuer-Handbuch)

Solche Ausgaben können als Werbungskosten angesetzt werden:

  • Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte (z. B. tägliche Fahrten)
  • Arbeitsmittel wie Bücher, Computer, spezielle Software, Lernmaterialien
  • Studien-/Ausbildungsgebühren, wenn sie im Rahmen der Zweitausbildung anfallen
  • Arbeitszimmer oder bestimmte Ausstattung – wenn überwiegend für die Ausbildung genutzt wird.

Genau nachlesen kannst du das im Einkommenssteuergesetzt (EstG) im Paragraph 9, der die Werbungskosten erläutert. 

Hinweise: 

  • Seit 2023 liegt der Pauschalbetrag für Werbungskosten bei 1.230 Euro. Bis zu diesem Beitrag musst du keine Belege und Nachweise vorlegen.
  • Es werden nur Aufwendungen berücksichtigt, die du selbst trägst. Wenn dir zum Beispiel deine Eltern die Wohnung finanzieren, ist das nicht absetzbar.

Über unsere Umfrage hat uns noch eine sehr tolle Nachricht erreicht, die wir euch nicht vorenthalten möchten:


Über die Autorin:

Larissa arbeitet seit 2021 bei Ausbildung.de und recherchiert seitdem alles, was Azubis hilft, um sicher in die Ausbildung zu starten!