Manchmal – oder sogar ziemlich oft – läuft das Leben nicht wie geplant. Du hast eine Ausbildung angefangen und merkst nach ein paar Wochen oder Monaten, dass es nicht die richtige für dich ist. Vielleicht merkst du es auch erst nach zwei Jahren. Ist ein Wechsel dann immer noch möglich? Wie gehst du am besten vor? Hier bekommst du alle Infos und eine Schritt-für-Schritt-Anleitung!
Keine Lust zu lesen? Im Video findest du auch alle wichtigen Infos!
Die gute Nachricht: Ja, du darfst deine Ausbildung wechseln. Die schlechte: Nach der Probezeit ist ein Wechsel nicht mehr so einfach. Wichtig ist, dass du schon einen neuen Ausbildungsplatz gefunden hast, bevor dein altes Ausbildungsverhältnis endet. Nur so kannst du deine Ausbildung nahtlos fortsetzen. Außerdem gibt es einen Unterschied zwischen einem Ausbildungsplatzwechsel und Ausbildungswechsel – beides ist möglich. Beim Ausbildungsplatzwechsel setzt du die Ausbildung in einem anderen Betrieb fort, beim Ausbildungswechsel beginnst du eine ganz neue Ausbildung. Das geht theoretisch auch im gleichen Betrieb.

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Ausbildungsvertrag regeln die Rechte und Pflichten von Ausbildungsbetrieb und Azubi. Es ist ein rechtlich bindendes Dokument. Das bedeutet: Beide Parteien sind gesetzlich an die im Vertrag festgelegten Bedingungen gebunden – also zum Beispiel auch an die Kündigungsfristen. Bei Nichteinhaltung der Vertragspflichten können rechtliche Schritte eingeleitet werden. Wenn du also nur vorgibst, den Beruf aufgeben zu wollen und du die gleiche Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzt, kann es sein, dass dein alter Ausbildungsbetrieb Schadensersatz von dir verlangt.
Während man in der Probezeit sehr unkompliziert fristlos kündigen kann, ist das danach nicht mehr so einfach. Eine Möglichkeit ist, dass du einen „wichtigen Grund“ vorweisen kannst. Das ist im Berufsbildungsgesetz (BBiG)§ 22 Kündigung, festgelegt.
(s. auch IHK Düsseldorf)
Trifft einer dieser Gründe auf deine Ausbildung zu, kannst du das Ausbildungsverhältnis ohne Frist kündigen. Du musst in deiner Kündigung den Grund angeben und schriftlich kündigen.
In so extremen Fällen wie Mobbing fällt es sicher nicht leicht, sich zu Wort zu melden. Aber du darfst mit sowas nicht allein bleiben! Wenn du nicht mit Kollegen aus dem Ausbildungsbetrieb über deine Probleme sprechen willst, kann dir dein Lehrer aus der Berufsschule auch hilfreiche Tipps geben oder du wendest dich an die IHK.
Deine außerordentliche Kündigung ist nur wirksam, wenn die Gründe genau beschrieben werden: Was ist wo und wann durch welche Person vorgefallen? Warum ist es für dich unzumutbar, die Ausbildung im Betrieb fortzusetzen?
Unser Rat: Bei einer außerordentlichen Kündigung ist es sinnvoll, wenn du dir Hilfe von der IHK oder deiner Gewerkschaft holst. Da bekommst du Infos und rechtlichen Beistand. Auch nach einer Kündigung hast du nämlich noch Ansprüche, die dein alter Arbeitgeber vielleicht nur ungern erfüllt. Dazu gehören dein Arbeitszeugnis, Restgehalt und Urlaubsansprüche. Viele Azubis berichten auch von guten Erfahrungen mit der IHK. Vor allem auf Reddit wird immer wieder empfohlen, zur IHK zu gehen, wenn man einen Betriebswechsel in Betracht zieht.

Das Wichtigste ist, dass du dir deine Gründe für den Ausbildungswechsel gut überlegst. Nicht nur für die offizielle Begründung, auch für dich. Eine Kündigung sollte der letzte Ausweg sein, wenn du es dir wirklich nicht vorstellen kannst, noch bis zum Ende deiner Ausbildung im Betrieb zu bleiben. Vielleicht hilft es auch schon, mit dem Ausbildungsleiter oder anderen Mitarbeitern ein offenes Gespräch zu führen.
Wenn du dir aber wirklich sicher bist, dass du in deinem aktuellen Ausbildungsbetrieb keine Zukunft für dich siehst, ist der erste Schritt, dich nach einem neuen Ausbildungsbetrieb umzuschauen. Je nach Ausbildungsberuf ist es gar nicht so schwierig, noch im laufenden Ausbildungsjahr einen Platz zu finden. Schließlich gibt es viele Unternehmen, die sich über zu wenige Bewerberinnen und Bewerber beklagen.
Hast du bereits einen neuen Ausbildungsplatz in der Tasche, solltest du deinem alten Betrieb kündigen: In der Probezeit reicht es, wenn du schriftlich ohne die Angabe eines Grunds kündigst. Das Wichtigste ist hierbei, dass du dies noch vor Ende der Probezeit machst. Wie lange die bei dir dauert, ist in deinem Ausbildungsvertrag festgelegt. Vom Gesetz her darf sie mindestens nach vier Wochen und spätestens nach vier Monaten enden. Denk dran, deine Kündigung zu unterschreiben. Bist du minderjährig, müssen das deine Eltern machen.
Sehr geehrte Frau Mustermann,
hiermit kündige ich mein mit Ihnen am xx.xx.202x geschlossenes Ausbildungsverhältnis in der Probezeit, nach §22 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz, zum xx.xx.202x.
Viele Grüße
Mila Musterfrau
Setzt du deine bisherige Ausbildung in einem anderen Betrieb fort, kannst du deine Ausbildungszeit anrechnen lassen. Sprich das aber am besten direkt bei deinem neuen Arbeitgeber und auch bei deiner neuen Berufsschule an!
Ja, du kannst auch noch im zweiten oder dritten Ausbildungsjahr deine Ausbildung wechseln! Im Optimalfall setzt du die gleiche Ausbildung in einem anderen Betrieb fort, sodass du dir die bisherige Ausbildungszeit anrechnen lassen kannst.
Aber auch ein kompletter Neustart in einem anderen Beruf ist vollkommen in Ordnung! Übrigens: 2022 haben ein Drittel der Azubis, die ihre Ausbildung gewechselt oder abgebrochen haben, ihren Betrieb erst im zweiten Lehrjahr oder später verlassen. Stress dich also nicht damit.
Kannst du keinen wichtigen Grund vorweisen und weigert sich dein Betrieb, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, hast du nur noch die Möglichkeit, wegen der Aufgabe des Berufs zu kündigen. Möchtest du deinen bisherigen Ausbildungsberuf aufgeben, weil du zum Beispiel eine Ausbildung in einem anderen Beruf oder ein Studium beginnst, kannst du mit einer vierwöchigen Frist und unter Angabe des Kündigungsgrunds kündigen.
Aber Achtung: Kommt raus, dass du die Ausbildung doch im gleichen Beruf und nur in einem anderen Betrieb fortsetzt, kann dein alter Ausbildungsbetrieb Schadenersatz von dir verlangen.
Auch nach Beginn des regulären Ausbildungsjahrs im August und September suchen Unternehmen nach Azubis. Vielleicht weil ihnen kurzfristig ein Kandidat abgesprungen ist oder weil sie einfach niemand Passendes gefunden haben.
Einen neuen Ausbildungsplatz findest du zum Beispiel über Ausbildungsportale wie Ausbildung.de. Gute Anlaufstellen sind auch die Bundesagentur für Arbeit, die Handwerkskammer oder die IHK. Du kannst dich auch bei denen Mitschülern in der Berufsschule umhören, ob die von einer freien Stelle gehört haben.
Auch wenn die Gründe vielleicht auf der Hand liegen und sich dein alter Ausbildungsbetrieb echt danebenbenommen hat, gilt: Sprich nicht über eine persönliche Abneigung gegenüber deinem alten Team, wenn du dich neu bewirbst. Beschränk dich auf allgemeines Fehlverhalten. Sag: „Ich habe einfach zu wenig gelernt und durfte nicht richtig mitarbeiten“ oder „Das Arbeitsklima hat mir nicht gefallen“ und nicht: „Mein Chef war bescheuert und hat mich immer links liegen lassen …“.

Höchste Quoten:
Niedrigste Quoten:
Je nach Branche schwankt die sogenannte Lösungsquote, also die Zahl derer, die ihren Ausbildungsvertrag vorzeitig lösen, extrem: Besonders viele Wechsler gibt es im Handwerk, in den freien Berufen und im Bereich Hauswirtschaft. Hier wechselt ungefähr jeder Dritte seine Ausbildung oder gibt diese ganz auf. Das liegt unter anderem daran, dass das Angebot an Ausbildungsstellen oft größer ist als die Nachfrage und Wechsler relativ leicht eine neue Stelle finden.
In der Branche Industrie und Handel kündigt jeder Vierte vorzeitig. Im öffentlichen Dienst liegt die Quote hingegen nur bei neun Prozent, also etwa jeder Elfte.
Reddit-Quellen:
r/Azubis - Ausbildungsbetrieb im 2. Lehrjahr wechseln
r/Azubis - Ausbildungsbetrieb wechseln
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