Ausbildung als Gerichtsvollzieher/in

Empf. Schulabschluss:
Hauptschulabschluss
Ausbildungsdauer:
1,5 – 2 Jahre
Arbeitszeit:
unterschiedlich
Du interessierst dich für diesen Beruf?

Gerichtsvollzieher/in

Wer an den Gerichtsvollzieher denkt, hat sofort den Begriff Kuckuck im Kopf. Was die Bezeichnung in diesem Zusammenhang bedeutet, ist dabei vielen aber gar nicht klar: Wenn Gerichtsvollzieher Wertgegenstände pfänden, erhalten diese ein Pfandsiegel. Dieses wird umgangssprachlich Kuckuck genannt, weil es früher noch den Wappenadler zeigte.

Was macht ein Gerichtsvollzieher?

Pfändungen vornehmen : Gerichtsvollzieher sind für Pfändungen von Wertgegenständen zuständig. Das bedeutet, dass Wertgegenstände eines Menschen, der Schulden verursacht hat (der sogenannte Schuldner), beschlagnahmt werden, um die noch offenen Forderungen seiner Gläubiger zu erfüllen.

Die Gegenstände werden mit einem Pfandsiegel versehen. Es gibt auch die Möglichkeit, Wertgegenstände in eine günstigere Variante einzutauschen. So pfändet der Gerichtsvollzieher zwar den neuen Laptop, stellt dafür aber für den Schuldner einen älteren Desktop-PC zur Verfügung.

Versteigerungen der gepfändeten Gegenstände durchführen : Wenn Wertgegenstände eines Schuldners gepfändet wurden, steht eine Versteigerung der Sachen an. Das eingenommene Geld erhalten die verschiedenen Gläubiger, die nachweisbar noch finanzielle Forderungen an den Schuldner stellen.

Vermögensauskünfte einholen : Gerichtsvollzieher sind dazu berechtigt, von Schuldnern Vermögensauskünfte einzufordern. Hier werden unter anderem alle Wertgegenstände und Bankguthaben offengelegt. Dabei gilt: Eine unbewusst oder bewusst falsche Vermögensauskunft eines Schuldners ist eine Straftat.

Akten anlegen und pflegen : Für jeden einzelnen Fall wird eine Akte angelegt. Die Akten werden gepflegt und nach Verfahrensende entsprechend im Geschäftszimmer des Gerichtsvollziehers aufbewahrt.

Gerichtsbeschlüsse umsetzen : Zwei Beispiele hierfür sind Zwangsräumung und Kindesherausgabe. Diese kann notwendig werden, wenn sich geschiedene Eltern gemeinsam um ihr Kind kümmern. Möchte der alleinlebende Elternteil durchsetzen, dass das Kind bei ihm wohnt, und es deshalb nicht zurückbringt, kann es zu dieser Kindesherausgabe kommen. Werden Maßnahmen wie diese gerichtlich angeordnet, sind Gerichtsvollzieher für die Realisierung zuständig. Hierbei unterstützt sie häufig die Polizei.

Was darf der Gerichtsvollzieher pfänden?

Beweglichen Sachen, die nicht zwingend für Gesundheit, Beruf beziehungsweise generell für die Sicherung der eigenen Existenz gebraucht werden. So ist zum Beispiel ein Smartphone pfändbar, wenn es nicht nachweislich für die Arbeit benötigt wird. Ist es ein sehr teures Smartphone, das noch immer sehr viel wert ist, kann ein Modellaustausch stattfinden. Der Schuldner nutzt dann ein günstigeres Handy. Übrigens: Fernseher werden zwar generell auch gepfändet, jedoch hat jeder Haushalt ein Anrecht auf ein Gerät.

Unter beweglichen Sachen versteht man alles, was nicht fest im jeweiligen Grundstück oder Gebäude verankert ist. Die Wände eines Hauses sind also beispielsweise unbeweglich, Wohnzimmerschrank und Küchenzeile hingegen beweglich.

Wann darf der Gerichtsvollzieher eine Wohnung öffnen?

Gerichtsvollzieher kündigen ihren Besuch im Vorfeld an. Treffen sie den Schuldner an dem vorgesehenen Termin nicht an oder macht dieser nicht die Tür auf, ist ein Durchsuchungsbeschluss notwendig, damit der Gerichtsvollzieher die Wohnung öffnen darf.

Warum sollte man Gerichtsvollzieher werden?

Zunächst ist man als Gerichtsvollzieher nach einer Probezeit auf Lebenszeit verbeamtet und damit unter anderem unkündbar, sofern man sich nichts zu Schulden kommen lässt. Darüber hinaus ist man durch eine vergleichsweise freie Arbeitszeiteneinteilung sehr flexibel.

Wo kann ich als Gerichtsvollzieher arbeiten?

Du arbeitest als Gerichtsvollzieher im Gerichtsvollzieherwesen zwar selbstbestimmt, wirst aber von dem Amtsgericht in deinem Bezirk beaufsichtigt.

Deine Einsatzorte auf einen Blick

Geschäftszimmer

Außendienst (bei Schuldnern, Gläubigern)

Wer beauftragt den Gerichtsvollzieher?

Gläubiger können Gerichtsvollzieher eigenständig einen Vollstreckungsauftrag erteilen und benötigen hierfür keinen Juristen an ihrer Seite. Durch eine Online-Datenbank ist es beispielsweise möglich, den für den Wohnort des Schuldners zuständigen Gerichtsvollzieher auszumachen und ihm einen entsprechenden Vollstreckungsauftrag zu erteilen. Auch das jeweilige Amtsgericht kann den Gerichtsvollzieher in laufenden Verfahren einsetzen.

Wie sind die Arbeitszeiten als Gerichtsvollzieher?

Gerichtsvollzieher können sich ihre Arbeitszeiten selbst einteilen. Da sie aber oft auch berufstätige Schuldner zu Hause aufsuchen müssen, passen sie ihre Arbeitszeiten entsprechend an. So verlagert sich die Arbeitszeit zum Beispiel in die Abendstunden oder auf das Wochenende.

Welche Arbeitskleidung tragen Gerichtsvollzieher?

Es gibt keine klassische Arbeitskleidung in diesem Beruf. Häufig kleiden sich Gerichtsvollzieher nach den Dresscodes Business Casual oder Business.

Was muss ich für ein Typ sein, um Gerichtsvollzieher zu werden?

Perfektionist: Als Gerichtsvollzieher ist von dir eine sorgfältige und genaue Arbeitsweise gefordert. So legst du beispielsweise Listen von gepfändeten Gegenständen an. Ein einziger Fehler kann hier bereits für den Gläubiger oder für den Schuldner fatal sein.

Organisationstalent: In diesem Beruf ist eine gute Selbstorganisation sehr wichtig – zum Beispiel aufgrund der freien Arbeitszeiteneinteilung. Zudem müssen die Außentermine geschickt gelegt werden, um Überschneidungen oder ungewollt lange Pausen zu vermeiden.

Menschenkenner : Als Gerichtsvollzieher bist du sehr viel unter Menschen, die meist starke Emotionen zeigen, wenn zum Beispiel Pfändungen anstehen. Hier wird die richtige Mischung von Distanz und Einfühlungsvermögen verlangt.

Wie läuft die Weiterbildung als Gerichtsvollzieher ab?

Beim Gerichtsvollzieher handelt es sich um eine Weiterbildung. Üblicherweise schließt man sie einer fachnahen Ausbildung an, etwa der zum Justizfachwirt. Justizfachangestellte können sich ebenfalls um die Weiterbildung bewerben, allerdings erst mit einer Berufserfahrung von mindestens drei Jahren. Die Weiterbildung als Gerichtsvollzieher ist in drei Praxis- und zwei Theorieteile untergliedert. Justizferne Berufsanwärter absolvieren zuvor einen sechsmonatigen Vorbereitungskurs.

Die Weiterbildung dauert dann insgesamt eineinhalb beziehungsweise zwei Jahre. Die Weiterbildung endet mit einer Laufbahnprüfung, die in der Regel einmal wiederholt werden kann. Die ausgebildeten Gerichtsvollzieher sind dann, sofern sie nicht schon durch ihre vorhergehende Tätigkeit verbeamtet waren, Beamte auf Probe und nach der Probezeit Beamte auf Lebenszeit.

Wusstest du schon, dass …

… Baden-Württemberg bisher als einziges Bundesland ein Bachelorstudium anbietet, das für den Gerichtsvollzieherdienst qualifiziert?

Was lernt man in der Weiterbildung?

Angehende Gerichtsvollzieher beschäftigen sich mit den gesetzlichen Grundlagen ihrer späteren Arbeit. Hierzu zählen das Zwangsvollstreckungsrecht, das Zustellungsrecht und das Kostenrecht. Zudem lernen sie von ihrem Ausbilder, wie eine deeskalierende Gesprächsführung funktioniert – auch immer unter Berücksichtigung der Körpersprache.

Der Grund: Der Umgang mit Schuldnern erfordert im späteren Berufsleben ein ausgeprägtes Kommunikationsgeschick. Eine Einführung in für diesen Beruf übliche Computerprogramme sowie Planspiele zur Simulation realer Aufgaben und Situationen runden den Stundenplan ab.

 

Du solltest Gerichtsvollzieher/in werden, wenn …

  1. du emotional stabil bist und das richtige Maß an Einfühlungsvermögen und Distanz mitbringst.
  2. dir genaues und sorgfältiges Arbeiten gut liegt.
  3. du dir einen krisensicheren Arbeitsplatz wünschst.

Du solltest auf keinen Fall Gerichtsvollzieher/in werden, wenn …

  1. du klassische Bürozeiten als Arbeitszeiten erwartest.
  2. du bei vielen Außenterminen den Überblick verlierst und sie in keine geschickte zeitliche Abfolge bringen kannst.
  3. du sehr schüchtern bist.